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Arbeitgeber darf Attest bereits am ersten Fehltag verlangen

Februar 29, 2012  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat in einem veröffentlichten Urteil entschieden, dass der Arbeitgeber bei Krankmeldung seines Arbeitnehmers auch ohne besonderen Anlass, bereits ab dem ersten Fehltag eine ärztliche Bescheinigung verlangen kann.

In dem verhandelten Fall beantragte die Klägerin vergeblich eine Dienstreise und meldete sich dann am Tag der Dienstreise krank. Der Arbeitgeber forderte sie danach auf, in Zukunft bereits ab dem ersten Tag im Krankheitsfalle ein ärztliches Attest vorzulegen, ohne diese Aufforderung näher zu begründen.

Die Klägerin wandte sich hiergegen mit Ihrer Klage und forderte den Arbeitgeber auf, diese Aufforderung zu widerrufen.  Sie berief sich unter anderem darauf, dass ein vorzeitiges Verlangen der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung immer nur dann greife, wenn eine sachliche Rechtfertigung hierfür vorliegen würde, wie eine oder mehrere vorangegangene Erkrankungen die einen Missbrauchsverdacht begründeten. Solche Umstände würden in der Person der Klägern nicht vorliegen.

Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass eine solches Verlangen weder einer Begründung noch eines Sachverhalts, der in der Vergangenheit Zweifel an einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit begründet hätte, bedarf.

Dieser Ansicht des Arbeitgebers folgte das Landesarbeitsgericht und verwies hierbei auf § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber berechtigt, vom Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung früher als nach drei Kalendertagen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG) zu verlangen. Auch bedarf eine solche Aufforderung des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 1 EFZG weder einer Begründung noch eines Sachverhalts, der Anlass für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers gibt.

Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Dessen Entscheidung bleibt abzuwarten.

 

Landesarbeitsgericht Köln,
Urteil vom 14.09.2011 – 3 Sa 597/11 –

Versicherer darf bei grob fahrlässiger Verursachung eines Brandschadens durch Erhitzen von Fett auf dem Küchenherd seine Leistung kürzen

Februar 24, 2012  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Im dem verhandelten Fall vor dem Landgericht Dortmund hatte eine Hausfrau Fett zum Frittieren von Pommes Frites auf dem Herd erhitzt und hiernach das Haus verlassen. In der Zwischenzeit entzündete sich der Topf und es entstand ein Brandschaden von fast 11.000,00 Euro. Der Versicherer regulierte außergerichtlich die Hälfte des entstandenen Schadens.

Die Klägerin verfolgte mit ihrer Klage den restlichen Teil des entstandenen Schadens.

Das Landgericht Dortmund folgte der Ansicht des Versicherers. Der Versicherer war nach § 81 VVG berechtigt die erhobenen Ansprüche in einem der Schwere des Verschuldens der Klägerin entsprechenden Verhältnis zu kürzen, da die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Das Erhitzen von Fett zählt wegen der möglichen Entflammbarkeit zu einem der besonders gefährlichen Tätigkeiten im Haushalt. Wird dieser Vorgang unbeobachtet gelassen, stellt dies einen besonders schweren nicht entschuldbaren Pflichtverstoß dar.

Nach früherem Recht konnte der Versicherer bei vorsätzlicher und grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfall die Leistung insgesamt ablehnen (Alles-oder-Nichts-Prinzip). Dies ist nunmehr bei grob fahrlässigem Verhalten zu Gunsten einer Quotierung abgeschafft worden, wobei sich das Ausmaß der Kürzungsbefugnis nach der Schwere des Verschuldens richtet.

Im vorliegenden Fall bestätigte das Gericht die vorgenommene Quotierung des Versicherers, wonach dieser berechtigt war, seine Leistung um jedenfalls 50 % zu kürzen.

In Fällen von etwaigen Pflichtverletzungen des Versicherungsnehmers, oder dessen Repräsentanten, sollte daher immer genau geprüft werden, ob die Voraussetzungen zur Leistungsablehnung oder Kürzungen/Quotelung vorliegen.

 

Landgericht Dortmund – 2 O 101/11 –
Urteil vom 20.10.2011

Quotelung von Sachverständigenkosten nach Verkehrsunfall

Februar 15, 2012  |   Aktuelles,Verkehrsrecht

Der Bundesgerichtshof hat nun zu der Frage, ob auch die Sachverständigenkosten wie die übrigen Schadenspositionen des Geschädigten bei einem Verkehrsunfall zu quoteln sind, oder ob der Geschädigte sie trotz seines Mitverschuldens in voller Höhe beanspruchen kann, eine Grundatzentscheidung getroffen.

Die bisherige Rechtssprechung der Oberlandesgerichte war bisher in dieser Frage unterschiedlich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main war der Auffassung, dass der Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten nicht entsprechend der Verursachungsquote zu kürzen sei, wohingegen das OLG Celle – ebenso wie mehrere andere Gerichte – gegenteilig entschieden hatten, also die Sachverständigenkosten, wie auch ein beschädigter Kotflügel lediglich anteilig der Haftungsquote zu ersetzen ist.

Des Bundesgerichtshof hat sich der Auffassung des OLG Celle angeschlossen und klargestellt, dass die Sachverständigenkosten ebenso wie die übrigen Schadenspositionen des Geschädigten nur im Umfang der Haftungsquote zu ersetzen sind.

 

PM des Bundesgerichtshofs

Urteil vom 7. Februar 2012 -VI ZR 133/11-
Vorinstanzen: LG Darmstadt – Entscheidung vom 3. März 2009 – 27 O 259/08
OLG Frankfurt a.M. – Entscheidung vom 5. April 2011 – 22 U 67/09

Urteil vom 7. Februar 2012 -VI ZR 249/11-
Vorinstanzen: LG Stade – Entscheidung vom 2. Februar 2011 – 5 O 430/09
OLG Celle – Entscheidung vom 24. August 2011 – 14 U 47/11

Streit bei Nutzungsausfall

Februar 03, 2012  |   Aktuelles,Verkehrsrecht,Versicherungsrecht

Nach einem Unfall sollte man nicht voreilig sein Fahrzeug in die Reparaturwerkstatt bringen, sondern erst die Regulierungszusage des gegnerischen Haftpflichtversicherers abwarten. Dies zumindest dann, wenn das beschädigte Fahrzeug noch fahrbereit ist.

Dies geht aus einem Urteil des Landgericht Detmold vom 11. Januar 2012 hervor (Az.: 10 S 114/11).

In dem vorliegenden Fall hatte der Kläger sein Fahrzeug kurze Zeit nach dem Unfallereignis in die Reparaturwerkstatt gebracht und Reparaturauftrag erteilt. Eine Regulierungszusage des gegnerischen Haftpflichtversicherers lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Da der Kläger die Reparaturrechnung nicht ausgleichen konnte, machte die Reparaturwerkstatt wegen der fehlenden Zusage des Versicherers von Ihrem Unternehmerpfandrecht Gebrauch und weigerte sich, das Fahrzeug nach erfolgter Reparatur herauszugeben.

Nach erteilter Zusage glich der Versicherer die Reparaturkosten aus und zahlte für die Dauer der durchgeführten Reparatur, die entsprechende Entschädigung für den Nutzungsausfall des Fahrzeugs.

Der Kläger verlangte darüber hinaus Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum von Verbringung in die Werkstatt bis zur Herausgabe des Fahrzeugs.

Das Landgericht erteilte dieser Forderung eine Absage. Da das Fahrzeug nach dem Unfallereignis fahrbereit und verkehrssicher war, bestand kein Handlungsbedarf vor Eingang der Kostenübernahmebestätigung Reparaturauftrag zu erteilen, zumal der Kläger wusste, dass er die Reparaturkosten nicht vorstrecken könne.

Zudem sei auch die Bearbeitungszeit des Versicherers von 4 Wochen zur Prüfung der Eintrittspflicht nicht zu beanstanden.

Wir können daher nur raten, sich unmittelbar nach dem Unfallereignis mit uns in Verbindung zu setzen, um etwaige Nachteile bei der Regulierung zu vermeiden.

Außerordentliche Kündigung eines Vertrages über eine private Krankenversicherung nicht in jedem Fall ausgeschlossen

Februar 03, 2012  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Bislang herrschte Streit, ob entsprechend dem Wortlaut des § 206 Abs. 1 Satz 1 VVG „jede“ Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Versicherer ausgeschlossen ist.

Diese Frage hat nun der Bundesgerichtshof entschieden. Eiernach ist nach § 206 Abs. 1 Satz 1 VVG (Fassung 01.01.2009)  nicht jede außerordentliche Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages, der eine Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen.

In den beiden zu entscheidenden Fällen unterhielten die Kläger bei dem jeweiligen Versicherer (Beklagten) eine private Krankheitskosten- und Pflegepflichtversicherung. In einem Fall griff der Kläger einen Außendienstmitarbeiter der Beklagten mit einem Bolzenschneider tätlich an und bedrohte ihn, worauf der Beklagte 2009 den gesamten Vertrag mit dem Kläger außerordentlich kündigte. Im anderen Fall wurde die Krankheitskostenversicherung von der Beklagten 2009 mit der Begründung außerordentlich gekündigt, dass der Kläger bzw. seine für ihn handelnde Ehefrau in den Jahren 2007 bis 2009 insgesamt 168 angebliche Medikamentenbezüge zur Abrechnung eingereicht habe, tatsächlich aber viele Medikamente nicht bezogen und bezahlt worden seien, so dass eine Überzahlung von 3.813,21 € vorliege. Die Pflegeversicherung wurde nicht gekündigt.

Die Kläger begehrten jeweils die Feststellung, dass die Verträge über die Krankheitskostenversicherung fortbestehen, hilfsweise die Feststellung, dass die Krankheitskostenversicherung zum Basistarif, weiter hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, mit dem Kläger eine Krankheitskostenversicherung zum Basistarif abzuschließen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof bestätigte dies. § 206 Abs. 1 Satz 1 VVG schließt zwar die Kündigung wegen Prämienverzugs aus, jedoch in Fällen sonstiger schwerer Vertragsverletzung, kann eine außerordentliche Kündigung durch den Versicherer nach § 314 Abs. 1 BGB in Betracht kommen. In diesem Fall wird die Krankheitskostenversicherung mit dem bisherigen Versicherer weder im Basistarif (§ 12 Abs. 1a VAG) fortgesetzt, noch steht dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Abschluss eines derartigen Vertrages mit seinem bisherigen Versicherer zu. Ein ausreichender Schutz des Versicherungsnehmers wird dadurch erzielt, dass er weiterhin darauf Anspruch hat, gemäß § 193 Abs. 5 VVG bei einem anderen Versicherer im Basistarif nach § 12 Abs. 1a VVG versichert zu werden.

Im Bereich der Pflegepflichtversicherung ist hingegen jede außerordentliche Kündigung des Versicherers gemäß § 110 Abs. 4 SGB XI ausgeschlossen, da hier die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Bestimmung und das Fehlen eines gesonderten Basistarifs einer teleologischen Reduktion entgegenstehen.

 

PM des Bundesgerichtshofs

Urteil vom 7. Dezember 2011 – IV ZR 50/11 –
Vorinstanzen: Landgericht Hannover – Urteil vom 10. August 2010 – 2 O 262/09, Oberlandesgericht Celle – Urteil vom 24. Februar 2011 – 8 U 157/10 IV ZR 105/11

Urteil vom 7. Dezember 2011 – IV ZR 105/11 –
Vorinstanz: Landgericht Frankfurt (Oder) – 12 O 209/10 – Urteil vom 27. August 2010, Oberlandesgericht Brandenburg – 12 U 148/10 – Urteil vom 5. Mai 2011