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Fällt ein iPod auch unter das Handy-Verbot am Steuer?

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Verkehrsrecht

Wie das Amtsgericht Waldbröl entschieden hat, fallen Geräte wie ein iPod nicht unter den Begriff des Mobiltelefons. Hierunter versteht man ein tragbares Telefon, das über Funk mit dem Telefonnetz kommuniziert und nicht wie ein iPod wenn nur über eine Internetverbindung.

Im Verhandelten Fall wurde dem Autofahrer vorgeworfen, verbotswidrig ein Mobiltelefon benutzt zu haben, indem er dieses aufnahm oder hielt. Der Betroffenen ließ sich dahingehend ein, dass er mit seinem iPod etwas diktiert habe und mit seinem iPod sei es nicht möglich zu telefonieren.

Dieser Einlassung folgte das Amtsgericht und der Autofahrer wurde freigesprochen, da wie oben ausgeführt, Geräte wie ein iPod, mit denen man nur über eine Internetverbindung ggf. telefonieren kann, nicht unter den Begriff des Mobiltelefons im Sinne des § 23 StVO fallen.

Amtsgericht Waldbröl, Urteil vom 31.10.2014 – 44 OWI-225 Js 1055/14-121/15

Hierzu und zum Handy-Verstoß allgemein ist anzumerken, dass ein solcher Verstoß gegen das Verbot, am Steuer zu telefonieren, mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden muss.

Die bloße Beobachtung durch Polizeibeamte, dass der Beschuldigte eine Bewegung gemacht hat, die auf ein Telefonieren hindeutet, reicht nicht aus. Es bedarf vielmehr eindeutiger Beweise (s. auch OLG Thüringen Az.: 1 Ss Rs 26/13).

Können Auszubildende gekündigt werden?

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Fall entschieden, dass der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung eines Auszubildenden, einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses darstellen kann, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.

Mit dieser Entscheidung stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass auch Ausbildungsverhältnisse, insbesondere bei einer Verdachtslage, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden können.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 12.02.2015 – Az. 6 AZR 845/13 –

Urlaubsabgeltung durch Freistellung nach fristloser Kündigung?

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Einem Arbeitnehmer wird durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub gewährt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Im verhandelten Fall kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise ordentlich. Im Kündigungsschreiben steht: „Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Im Kündigungsverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem auch über die wechselseitigen Ansprüche abschließende Regelungen getroffen wurden.

Der Arbeitnehmer forderte im Nachhinein Abgeltung von Urlaubstagen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hiergegen hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist und erklärt er wie oben dargestellt eine Freistellung mit dem Ziel der Urlaubsabgeltung, wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht erfüllt, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist. Nach § 1 BUrlG setze die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch die Zahlung der Vergütung voraus. Deshalb wird durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub gewährt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

Diese Voraussetzungen lagen gerade nicht vor, da es an einer vorbehaltlosen Zusage von Urlaubsentgelt fehlte. Die Klage war jedoch abzuweisen, da die Parteien in dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich ihre Ansprüche abschließend regelten.

Für die Praxis bedeutet dies letztlich, dass eine Freistellung zwecks Urlaubsabgeltung bei einer fristlosen Kündigung gekoppelt mit einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung ins Leere läuft und der Arbeitgeber bei noch offenen Ansprüchen zu einer finanziellen Urlaubsabgeltung verpflichtet werden kann.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10.02.2015 – 9 AZR 455/13

 

Urlaubsanspruch bei Wechsel in Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat entscheiden, und sich hierbei der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes angeschlossen, dass wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer vor seinem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen Urlaub nicht nehmen konnte, ihm die Zahl der Tage des bezahlten Jahresurlaubs wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden dürfen.

Dies verstoße insbesondere gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter, auch wenn dies tarif- oder arbeitsvertraglich vereinbart war.

Bundesarbeitsgericht Urteil 10.02.2015 – 9 AZR 53/14 (F) –

Restwert nach Totalschaden

Mai 02, 2014  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Es kommt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Geschädigten und gegnerischen Haftpflichtversicherern bei einem erlittenen wirtschaftlichen Totalschaden.

Meist geht es dann um die Höhe des Restwertes.

Das Landgericht Stade hat mit Urteil vom 30. November 2012 entschieden (Az.: 1 S 41/12), dass der Halter eines bei einem Unfall zerstörten Fahrzeugs nicht dazu verpflichtet, ein Restwertangebot des Versicherers des Schädigers einzuholen, ehe er sein Fahrzeug zu dem in dem Gutachten des von ihm beauftragten Kraftfahrzeug-Sachverständigen genannten Restwert veräußert.

Der Einwand des Versicherers, dass der Geschädigte sich im Rahmen seiner Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB sich vor Verkauf seines beschädigten Fahrzeugs mit dem Versicherer des Schädigers in Verbindung zu setzen habe, folgte das Gericht nicht, denn im Veräußerungsfall genügt der Geschädigte in der Regel dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn er sein beschädigtes Kraftfahrzeug zu jenem Preis verkauft, den ein Kraftfahrzeug-Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn der Geschädigten sein Fahrzeug zum Zeitpunkt des Zugangs des Restwertangebots des Versicherers noch nicht verkauft hätte.

Mitverschulden an der Kopfverletzung bei Fahrradunfall ohne Helm

Juni 19, 2013  |   Aktuelles,Verkehrsrecht

Kommt es zu einem Unfall im öffentlichen Straßenverkehr zwischen einem Fahrradfahrer und einem anderen Verkehrsteilnehmer – der sich verkehrswidrig verhält – und erleidet der Fahrradfahrer infolge des unfallbedingten Sturzes Kopfverletzungen, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätten, muss er sich grundsätzlich ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen.

Die hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden.

Zum Fall: Die Klägerin fuhr mit ihrem Fahrrad auf einer Straße, wobei sie keinen Fahrradhelm trug.. Die Fahrerin eines am rechten Fahrbahnrand parkenden PKW öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Fahrradfahrerin die Fahrertür. Die Radfahrerin konnte nicht mehr ausweichen, fuhr gegen die Fahrertür und stürzte zu Boden. Hierbei zog sie sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu, die einen zweimonatigen Krankenhausaufenthalt erforderten und anschließend eine ambulante Weiterbehandlung. Die Fahrradfahrerin verlangte vor Gericht, dass die Halterin des PKW und deren KFZ- Haftpflichtversicherung verpflichtet sind, ihr alle aus dem Unfall entstandenen und zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen, insbesondere auch ein Schmerzensgeld zu zahlen. Die Beklagten verteidigten sich damit, dass die Fahrradfahrerin ein Mitverschulden an den Kopfverletzungen treffe, weil sie keinen Helm getragen habe.

Diese Auffassung teilte das Oberlandesgericht. Durch das Nichttragen eines Helmes hat sie Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen (sogenanntes Verschulden gegen sich selbst). Der Mitverschuldensanteil wurde im vorliegenden Fall mit 20% bemessen. Zu berücksichtigen war hierbei, dass ein Helm die Kopfverletzung der Fahrradfahrerin zwar in einem gewissen Umfang hätte verringern, aber nicht verhindern können, und zum anderen, dass das grob fahrlässige Verhalten der Halterin des PKW den Mitverschuldensanteil der Fahrradfahrerin deutlich überwiegt.

Dies unabhängig davon, dass für Fahrradfahrer nach dem Gesetz keine allgemeine Helmpflicht besteht.

 

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht – 7 U 11/12 –

Regulierung des Haftpflichtversicherers auch ohne Einwilligung des Versicherungsnehmers

April 24, 2013  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Münchens ist ein Kfz Haftpflichtversicherer berechtigt, einen Schadenersatzanspruch, der sich gegen einen bei ihm Versicherten richtet, auch ohne dessen Einwilligung zu erfüllen. Dies gilt auch, wenn ein Schadenfreiheitsrabatt auf dem Spiel steht. Der Versicherer verletzt seine Rücksichtnahmepflicht nur, wenn er eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung durchführt und sich dabei kein umfassendes Bild über die Umstände verschafft hat.

Nach einem Auffahrunfall wandte sich der Geschädigte an die Versicherung desjenigen, der ihm aufgefahren war und bat um Regulierung des Schadens. Nach eingehender Prüfung des Vorgangs zahlte die Versicherung schließlich den Schaden und stufte den Versicherungsnehmer von Schadensklasse 35 auf Schadensklasse 50 hoch. Dieser musste daher 170 Euro mehr im Jahr bezahlen.

Der Versicherungsnehmer war mit dieser Regulierung nicht einverstanden. Er war der Meinung, die Versicherung hätte nicht bezahlen dürfen. Die Kratzer an der Stoßstange des anderen Wagens würden nicht von ihm stammen, sondern seien bereits vorhanden gewesen. Ein Schadenersatzanspruch hätte daher nicht bestanden.

Der Versicherte klagte daher vor dem Amtsgericht München auf Rückstufung in seine alte Schadenklasse und auf Erstattung der erhöhten Beiträge. Das Amtsgericht wies die Klage jedoch ab, mit folgender Begründung:

Grundsätzlich sei der Kfz-Haftpflichtversicherer dazu bevollmächtigt, gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachte Ansprüche in dessen Namen zu erfüllen oder abzuwehren und ist nicht verpflichtet, eine Regulierung nur deshalb zu verweigern, weil sein Versicherungsnehmer eine Schadensersatzpflicht von vornherein ablehne. Vielmehr habe der Haftpflichtversicherer nach Eintritt des Versicherungsfalls begründete Schadensansprüche zu befriedigen und unbegründete abzuwehren. Ob er freiwillig zahle, oder ob er die Zahlung ablehne und es darauf ankommen lasse, ob der geschädigte Dritte seine Ansprüche gerichtlich geltend mache, stehe grundsätzlich im Ermessen des Versicherers.

Dieses Ermessen ist dann eingeschränkt, wenn die Interessen des Versicherungsnehmers berührt werden, der Versicherer also auf den Versicherungsnehmer und seine Interessen Rücksicht nehmen muss.

Der Versicherer verletze die sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Rücksichtnahmepflicht nur dann, wenn er eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung durchführe. Dabei stehe dem Versicherer vor allem und gerade bei zweifelhafter Sach- oder Rechtslage ein gewisser Ermessensspielraum zu. Schädlich sei nur ein offensichtlicher Ermessensmissbrauch.

Ob der Versicherer sein Regulierungsermessen zutreffend ausgeübt habe, ist je nach Einzelfall zu entscheiden. Es kommt zumindest nicht darauf an, ob sich tatsächlich der Unfall mit dem Fahrzeug des Versicherungsnehmers so wie vom Unfallgegner behauptet ereignet habe. Der Versicherer dürfe auch dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie Vorrang geben und in Anbetracht der Schadenshöhe wirtschaftliche Erwägungen anstellen. Zudem müsse sich der Versicherer nicht auf einen Prozess mit ungewissem Ausgang einlassen. Demnach habe der Versicherer sein Ermessen nur dann offensichtlich falsch ausgeübt, wenn es von vornherein als völlig unvernünftig angesehen werden musste, dass er dem Dritten Ersatz leiste.

Im vorliegenden Fall konnte eine Pflichtverletzung der Versicherung mangels fehlerhafter Ermessensausübung nicht festgestellt werden.

Die Schadenregulierung dauerte 5 Monate. Auch bestanden Anhaltspunkte dafür, dass es zum Zusammenstoß der Fahrzeuge gekommen ist, da der Versicherte mit seinem Kraftfahrzeug hinter demjenigen des Geschädigten fuhr und so stark bremsen musste, dass das ABS seines Kraftfahrzeugs ansprang. An beiden Fahrzeugen haben sich auch in gleicher Höhe Kratzer befunden. Es sei daher aus Sicht der Versicherung nicht völlig unangemessen erschienen, eine Schadensregulierung durchzuführen; auch könne man der Versicherung nicht vorwerfen, dass sie kein teures Sachverständigengutachten angefordert habe. Schließlich sei die Schadenshöhe mit 1285 Euro relativ niedrig gewesen.

 

Amtsgericht München, Urteil vom 4. September 2012 – 333 C 4271/12

Grobe Fahrlässigkeit – Waschmaschine ohne Wasserstop –

April 24, 2013  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Das Landgericht Osnabrück hatte darüber zu entscheiden, ob ein Versicherungsnehmer bei Verlassen seiner Wohnung trotz geöffnetem Zulaufschlauch für eine Waschmaschine für längere Zeit, ohne das die Maschine über einen Wasserstop verfügt, grob fahrlässig handelt.

Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Gebäude-Leitungswasser-Versicherung.

Durch den Bruch der Überwurfmutter des Zulaufschlauchs der in ihrer Wohnung befindlichen Waschmaschine, traten erhebliche Wassermengen aus, weil der Wasserhahn nicht abgesperrt war, und die Maschine nicht über eine wasserstop-Einrichtung verfügte. Dadurch entstand ein Gebäudeschaden von mehreren tausend Euro.

Die Klägerin befand sich zum währenddessen bei einem einstündigen Friseurbesuch.

Dies nahm der Leitungswasser-Versicherer zum Anlass lediglich 30 Prozent des Schadens zu übernehmen, mit der Begründung, grob fahrlässig gehandelt zu haben. Da die Maschine über keine Wasserstop-Einrichtung verfügte, hätte die Versicherte den Zulauf zu der Waschmaschine vor Verlassen der Wohnung zwingend zudrehen müssen.

Die hiergegen gerichtete Klage auf Ersatz des gesamten Schadens blieb ohne Erfolg.

Auch das Gericht stellte fest, dass die Klägerin den Schaden grob fahrlässig verursacht hatte, in dem  sie ihre Wohnung unstreitig für längere Zeit unbeaufsichtigt gelassen hatte, ohne den Zulauf zu ihrer Waschmaschine abzusperren.

Von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer hätte man aber erwarten können, dass er von den Gefahren weiß, die von einem unter Druck stehenden Waschmaschinenschlauch ausgehen. Er hat daher entsprechende Sicherungsvorkehrungen zu treffen, indem er den Wasserhahn beim Verlassen seiner Wohnung entweder zudreht oder aber eine Sicherheitsvorrichtung (Wasserstop) installiert.

„Insbesondere das Schließen der Wasserzufuhr für die Zeit des Nichtgebrauchs ist nämlich ohne Weiteres und ohne einen besonderen Aufwand an Kosten und Unbequemlichkeit möglich und daher ohne Weiteres zumutbar“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Etwas anderes könne aber gelten, wenn man die Wohnung nur mal für eine kurze Zeit verlässt.

 

Landgericht Osnabrück, Urteil vom 20. April 2012, – 9 O 762/10 –

Versicherungsschutz bei „Unfallflucht“

Februar 28, 2013  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB (nicht unverzügliche Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach zunächst erlaubtem Entfernen vom Unfallort) nicht in jedem Falle zugleich eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem Fahrzeugversicherer beinhaltet, die zu dessen Leistungsfreiheit führt.

Im konkreten Fall prallte der Versicherungsnehmer nachts gegen einen Baum, weil er nach eigener Aussage Rehen ausgewichen war, die auf der Straße gestanden haben. Sein Auto und auch ein Baum wurden schwer beschädigt.

Er habe nach dem Unfall eine angemessene Zeit gewartet, bis er sich von einem Bekannten habe abholen lassen. Das Fahrzeug wurde vom herbeigerufenen ADAC abgeschleppt. Die Polizei  und die Geschädigte (Straßenverkehrsamt als zuständige Stelle für den beschädigten Baum) benachrichtigte er nicht.

Seine Versicherung lehnte die Regulierung des Fahrzeugschadens ab, wegen der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten (hier E.1.3. AKB 2008) durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Tatsächlich wurde ein Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gegen den Mann inzwischen eingestellt.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Aufklärungsobliegenheit stets verletzt sei, wenn der Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verwirklicht werde. Das gelte auch in den Fällen des § 142 Abs. 2 StGB, gegen den der Kläger verstoßen habe.

Der Bundesgerichtshof hat einen solchen Automatismus verneint. Er hat entschieden, dass dem Aufklärungsinteresse des Versicherers trotz eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 StGB dann in ausreichender Weise genügt ist, wenn der Versicherungsnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem eine nachträgliche Information des Geschädigten noch “unverzüglich” im Sinne von § 142 Abs. 2 StGB gewesen wäre und eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift vermieden hätte, zwar nicht den Geschädigten, aber unmittelbar seinen Versicherer oder dessen Agenten informiert hat. Dies hatte der Kläger behauptet. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11

Vorinstanzen:

Oberlandesgericht Dresden – Urteil vom 6. April 2011 – 7 U 1310/10

Landgericht Bautzen – Urteil vom 19. Juli 2010 – 3 O 466/09

Nutzungsausfall bei verzögerter Regulierung durch Versicherer

Februar 28, 2013  |   Aktuelles,Versicherungsrecht

Wie aus einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 01.11.2012 (Az: 331 S 35/12) hervorgeht, verstößt der Geschädigte eines Unfalles, der die Reparatur seines Autos nicht vorfinanzieren kann und darüber die Haftpflichtversicherung seines Unfallgegners unverzüglich informiert hat, nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung seines Nutzungsausfallschadens, wenn er mit der Beauftragung der Werkstatt bis zum Eingang der Regulierungszusage des Versicherers wartet.