Archive | Arbeitsrecht

Können Auszubildende gekündigt werden?

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Fall entschieden, dass der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung eines Auszubildenden, einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses darstellen kann, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.

Mit dieser Entscheidung stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass auch Ausbildungsverhältnisse, insbesondere bei einer Verdachtslage, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden können.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 12.02.2015 – Az. 6 AZR 845/13 –

Urlaubsabgeltung durch Freistellung nach fristloser Kündigung?

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Einem Arbeitnehmer wird durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub gewährt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Im verhandelten Fall kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise ordentlich. Im Kündigungsschreiben steht: „Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Im Kündigungsverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem auch über die wechselseitigen Ansprüche abschließende Regelungen getroffen wurden.

Der Arbeitnehmer forderte im Nachhinein Abgeltung von Urlaubstagen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hiergegen hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist und erklärt er wie oben dargestellt eine Freistellung mit dem Ziel der Urlaubsabgeltung, wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht erfüllt, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist. Nach § 1 BUrlG setze die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch die Zahlung der Vergütung voraus. Deshalb wird durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub gewährt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

Diese Voraussetzungen lagen gerade nicht vor, da es an einer vorbehaltlosen Zusage von Urlaubsentgelt fehlte. Die Klage war jedoch abzuweisen, da die Parteien in dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich ihre Ansprüche abschließend regelten.

Für die Praxis bedeutet dies letztlich, dass eine Freistellung zwecks Urlaubsabgeltung bei einer fristlosen Kündigung gekoppelt mit einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung ins Leere läuft und der Arbeitgeber bei noch offenen Ansprüchen zu einer finanziellen Urlaubsabgeltung verpflichtet werden kann.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10.02.2015 – 9 AZR 455/13

 

Urlaubsanspruch bei Wechsel in Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen

Februar 27, 2015  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat entscheiden, und sich hierbei der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes angeschlossen, dass wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer vor seinem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen Urlaub nicht nehmen konnte, ihm die Zahl der Tage des bezahlten Jahresurlaubs wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden dürfen.

Dies verstoße insbesondere gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter, auch wenn dies tarif- oder arbeitsvertraglich vereinbart war.

Bundesarbeitsgericht Urteil 10.02.2015 – 9 AZR 53/14 (F) –

Beleidigungen auf Facebook

Oktober 12, 2012  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Beleidigungen des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer in einem sozialen Netzwerk können zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.

Das Landesarbetsgericht Hamm gab nun einem Arbeitgeber Recht, in dem er, die fristlose Kündigung nach Äußerungen seines Arbeitnehmers auf seinem privaten Facebookprofil unter „Arbeitgeber“ Begriffe wie „Menschenschinder“, „Ausbeuter“ und „Leibeigener“ eingetragen hatte, bestätigte.

Das Landesabreitsgericht fasste diese Äußerungen wie auch der Arbeitgeber als Beleidigung auf, die zu einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigten.

Zwar wehrte sich der Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigungsschutzklage  gegen die fristlose Kündigung und berief sich hierbei insbesondere auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung. Im Übrigen sei, die Äußerung nicht ernst gemeint gewesen und zudem habe er den Arbeitgeber nicht auf sein Facebook-Profil aufmerksam gemacht.

Die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitserichts wurde nicht zugelassen. Ob hiergegen wiederum Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingereicht wird, bleibt abzuwarten.

Landesarbeitsgerichts Hamm – 127-007-12 –

Vorinstanz Arbeitsgericht Bochum, Urteil vom 29.03.2012 – 3 Ca 1283/11 –

Arbeitgeber muss Urlaub genehmigen

Oktober 12, 2012  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Grundsätzlich riskiert der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung, wenn er eigenmächtig ohne Zustimmung seines Arbeitgebers den Urlaub antritt, da eine solche eigenmächtige Urlaubsnahme eine erhebliche, schwerwiegende Vertragspflichtverletzung darstellt. Aus einem solchen Verhalten ergibt sich, dass der Arbeitnehmer in Konfliktfällen nicht bereit ist, betriebliche Interessen an der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung zu berücksichtigen, sondern eigene Interessen an erste Stelle setzt und somit dieser für den Arbeitgeber nicht betrieblich einplanbar ist.

Jedoch können hiervon Ausnahmen gemacht werden, wie sich aus einem Fall der vor dem Landesarbeitsgericht Köln verhandelt wurde, ergibt.

Hier hatte ein Arbeitnehmer der noch 10 Resturlaubstage hatte, aufgrund schwerer Krankheit seiner Mutter bei seinem Arbeitgeber für mehr als 1 Monat um Urlaub gebeten, notfalls auch unentgeltlich. Der Arbeitgeber gewährte lediglich den verbleibenden Resturlaub und lehnte den weiteren Wunsch auf unbezahlten Urlaub ab. Der Arbeitnehmer trat trotzdem seinen Urlaub an, worauf hin der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnte und aufforderte zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Arbeitnehmer nicht nach. Er trat seine Arbeit erst nach Rückkehr wieder an.

Der Arbeitgeber strebte sodann die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, jedoch ohne Erfolg, wie das Landesarbeitsgericht Köln im verhandelten Fall feststellte.  Gründe waren, dass es in der Vergangenheit beim Arbeitgeber ohne weiteres möglich war, unbezahlten Urlaub zu nehmen, der Arbeitnehmer wegen seiner krebskranken Mutter in einer einmaligen persönlichen Belastungssituation gewesen war, was die Schwere der Vertragsverletzung mildere und das Fernbleiben des Arbeitnehmers keine gravierenden Auswirkungen auf den Arbeitsablauf hatte. Die Verweigerung im vorliegenden Fall erfolgte demnach willkürlich.

 

Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 06.12.20102 – TaBV 23/10 –

Vorinstanz Arbeitsgericht Köln – 5 BV 203/09 –

Fristlose Kündigung bei Nichtvorlage von ärztlichem Attest

März 15, 2012  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Dem Fall den das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az:  10 Sa 593/11 – zu entscheiden hatte, lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Im Arbeitsvertrag des Klägers wurde vereinbart, dass eine Erkrankung schon ab dem ersten Krankheitstag durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen sei. Auf diese Möglichkeit und deren Zulässigkeit haben wir bereits in einem vorherigen Artikel, dem ein Urteil des Landesarbeitsgerchits Köln zu Grunde lag, hingewiesen.

Der Kläger erkrankte, kam aber seiner Verpflichtung zur Einreichung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am ersten Krankheitstag nicht nach. Der Arbeitgeber mahnte den Kläger daraufhin ab. Der Kläger reagierte hierauf nicht, so dass der Arbeitgeber das Abreitsverhältnis fristlos kündigte.

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die fristlose Kündigung. Dies jedoch ohne Erfolg, wie das Landesarbeitsgericht entschied.

Nach Ansicht des Gerichts, liegt bei einer Verletzung der Anzeigepflicht bei Arbeitsunfähigkeit und bei hinzukommenden erschwerenden Umständen des Einzelfalls nach entsprechender Abmahnung, ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor, der nicht nur eine ordentliche, sondern eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (BAG Urteil vom 15.01.1986 – 7 AZR 128/83 – AP Nr. 93 zu § 626 BGB; LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31.06.2006 – 10 Sa 6/06 – Juris).

Durch die hartnäckige und uneinsichtige Verletztung seiner Anzeigepflicht lagen diese erschwerenden Gründe vor.

Auch im Rahmen einer Interessenabwägung überwiegten die Gründe des Arbeitgebers auf einen reibungslosen Betriebsaublauf,  gegenüber der Behinderung des Klägers mit einer GdB von 50 und seiner Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind.

 

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 19.01.2012 – Az:  10 Sa 593/11 –

Arbeitgeber darf Attest bereits am ersten Fehltag verlangen

Februar 29, 2012  |   Aktuelles,Arbeitsrecht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat in einem veröffentlichten Urteil entschieden, dass der Arbeitgeber bei Krankmeldung seines Arbeitnehmers auch ohne besonderen Anlass, bereits ab dem ersten Fehltag eine ärztliche Bescheinigung verlangen kann.

In dem verhandelten Fall beantragte die Klägerin vergeblich eine Dienstreise und meldete sich dann am Tag der Dienstreise krank. Der Arbeitgeber forderte sie danach auf, in Zukunft bereits ab dem ersten Tag im Krankheitsfalle ein ärztliches Attest vorzulegen, ohne diese Aufforderung näher zu begründen.

Die Klägerin wandte sich hiergegen mit Ihrer Klage und forderte den Arbeitgeber auf, diese Aufforderung zu widerrufen.  Sie berief sich unter anderem darauf, dass ein vorzeitiges Verlangen der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung immer nur dann greife, wenn eine sachliche Rechtfertigung hierfür vorliegen würde, wie eine oder mehrere vorangegangene Erkrankungen die einen Missbrauchsverdacht begründeten. Solche Umstände würden in der Person der Klägern nicht vorliegen.

Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass eine solches Verlangen weder einer Begründung noch eines Sachverhalts, der in der Vergangenheit Zweifel an einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit begründet hätte, bedarf.

Dieser Ansicht des Arbeitgebers folgte das Landesarbeitsgericht und verwies hierbei auf § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber berechtigt, vom Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung früher als nach drei Kalendertagen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG) zu verlangen. Auch bedarf eine solche Aufforderung des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 1 EFZG weder einer Begründung noch eines Sachverhalts, der Anlass für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers gibt.

Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Dessen Entscheidung bleibt abzuwarten.

 

Landesarbeitsgericht Köln,
Urteil vom 14.09.2011 – 3 Sa 597/11 –